Alle wichtigen Infos zur Pflegeberatung vom Kongress Tag der Pflegeberatung (2018) für Dich. Ich war eine von zehn Rednerinnen. An meinen Eindrücken möchte ich Dich teilhaben lassen, denn Pflegeberatung ist eines der wichtigsten Themen der Zukunft für den ambulanten Pflegedienst.
Beratung ist eine Kernkompetenz beruflich Pflegender | Teil 1
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Bonus-Infos zu dieser Episode:
Im ersten Teil geht es um diese Themen:
- Wie entsteht Beratungsqualität in der Pflege?
- Herausforderungen und Glücksmomente bei der Pflegeberatung für Familien mit pflegebedürftigen Kindern
- Beratungsbesuche nach § 37.3 – Welche Auswirkungen haben die Empfehlungen zur Qualitätssicherung und der Wegfall der Festpreisbremse?
- Pflegekurse nach § 45: Hilfreiche Tipps für die optimale Vorbereitung und Durchführung
Entstehung von Beratungsqualität in der Pflege
Prof. Dr. Peter Michell-Auli stellte ein Kausalmodell für die Pflegeberatung § 7a SGB XI vor, welches die Appolon Hochschule für Gesundheitswirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Compass entwickelt und getestet hat. „Ich bin ein Fan von 7a!“ sagte Peter und zeigte uns sein Modell zur Beschreibung von Qualität.
Ich denke, alle Berater/innen sind davon überzeugt Qualität zu liefern. Und ich bin ebenso davon überzeugt, dass wir alle eine unterschiedliche Vorstellung von Qualität haben. Deshalb fand ich es mega-spannend, ein Modell zu sehen, mit dem Qualität beschrieben und gemessen werden kann.
Die Ausgangslage
- Wir brauchen mehr Klientenorientierung, wir brauchen mehr Quartiersorientierung
- Beratung ist ein Zufallsprodukt. 2016 existierten 91 Konzepte zur Beratung im Rahmen der Pflegeversicherung
- Definition von Beratung: Gespräche, die das Ziel haben Lösungsstrategien mit dem Klienten zu erarbeiten
Wie kann die Qualität von Beratung beschrieben werden?
Das Modell muss:
- Definieren, was gute Beratungsqualität ist
- Erklären können, wie Beratungsqualität entsteht
- Eine Grundlage bieten können
- für die Evaluation (Bewertung) und
- für Entwicklungsaktivitäten von Qualität
Für die Testung wurden folgende Qualitätskriterien entwickelt:
- Zugangsqualität
Wie leicht ist es zu einer Beratungsperson Kontakt aufnehmen zu können? - Methodenqualität
Gab es eine strukturierte Gesprächsführung, die einen Dialog ermöglichte? - Beziehungsqualität
Konnte sich die Beraterin in die Situation der Pflegebedürftigen hineinversetzten und fand das Gespräch auf Augenhöhe statt - Lösungsqualität
Wurden zur Problemlösung weitere Schritte vereinbart und war der Gesprächspartner in der Lage, selbst Hilfe und Unterstützung zu organisieren - Informationsqualität
Wurden alle, für die individuelle Situation wichtigen, Themenbereiche erörtert?
Das wichtigste Ergebnis der Testung
Dieses Ergebnis entspricht genau meinem Beratungsansatz. In meinen Online-Kursen lernen Leitungs- und Beratungsexpert*innen das GROW-Modell kennen. Damit ist eine strukturierte Gesprächsführung und ein Dialog auf Augenhöhe möglich.
Seite 2 | Herausforderungen und Glücksmomente bei der Pflegeberatung für Familien mit pflegebedürftigen Kindern
Pflegeberatung für Familien mit pflegebedürftigen Kindern
Herausforderungen und Glücksmomente
Petra Harries (gest. 2.2022) war Mitarbeiterin der „Ambulanten Kinderkrankenpflege Krank und Klein“. Sie unterstützte mit ihrem Team in vielen Regionen Norddeutschlands Familien mit pflegebedürftigen Kindern.
Mich hat dieser Vortrag ganz besonders interessiert, weil ich ganz oft von 37.3 Berater/innen aus ambulanten Pflegediensten höre, dass sie sich bei der Beratung von Familien mit pflegebedürftigen Kindern, nicht wirklich nützlich fühlen, da sie ja eher auf Altenpflege spezialisiert sind.
Petra Harreis zeigte eindrücklich, wie wertvoll es ist, wenn sich ein Pflegedienst auf die Zielgruppe der pflegebedürftigen Kinder spezialisiert.
Ein Praxisbeispiel mit Konfliktpotenzial
Petra erzählte mit viel Engagement und Herzblut ein Praxisbeispiel. Der 14-jährige Gabriel hat die Diagnose Muskeldystrophie Duchenne. Beim Erstkontakt mit dem Kinderkrankenpflegedienst war er in der Klinik wegen einer lebensbedrohlichen Lungenentzündung und wurde künstlich beatmet. Gabriel ist kognitiv absolut fit.
Erschwerend kam hinzu, dass der Stiefvater querschnittsgelähmt ist und im Rollstuhl sitzt. Daher arbeitete die Mutter als Alleinverdienerin im Schichtdienst und eine jüngere Schwester in der Familie gab es auch noch.
Aufgrund der familiären Situation war das Ziel des Professors der Kinderklinik, der Schulleitung und des Sozialpädagogischen Zentrums, dass Gabriel in ein Heim kommen solle.
Die Oberärztin der Klinik, der Pflegedienst und die Mutter hatten das Ziel, dass Gabriel wieder Zuhause leben soll.
Jeder, der sich mit der pflegefachlichen aber insbesondere auch mit der psychosozialen Situation einigermaßen auskennt, kann sich vorstellen, dass die Unterstützung, die der Kinderkrankenpflegedienst für diese Familie geleistet hat, weit über das Maß von 37.3 Beratungsgesprächen hinausgegangen ist.
Es ist gelungen
Das Foto zeigt, dass es gelungen ist, dass Gabriel wieder nach Hause kommen konnte. Schau Dir auf der Kongresseite das spannende Video an. Die Login-Daten findest Du in den Shownotes und unter dem Podcast-Player.
Gabriel ist mittlerweile 18 Jahre alt. Petra Harreis erzählt, dass es ganz viel Fröhlichkeit gab und auch wenn die Sorgen groß waren, hat der Kinderkrankenpflegedienst die Begleitung der Familie gut hinbekommen. Die Mutter konnte ein tiefes Vertrauensverhältnis entwickeln und fühlte sich gut aufgefangen.
Ich habe Petra übrigens gefragt, was Beraterinnen aus der Altenpflege für Familien mit pflegebedürftigen Kindern tun können: Sie sagte: "Es ist ganz ganz wichtig zu fragen, wie es den pflegenden Angehörigen geht. Zuhören und Interesse zeigen ist viel Wert, weil es sonst ja immer schwerpunktmäßig um den Pflegebedürftigen geht."
Empfehlungen zur Qualitätssicherung und Wegfall der Festpreisbremse
Auswirkungen auf die Beratungsbesuche nach § 37.3 SGB XI
Das war mein Thema.
Im Beitrag und der Podcast-Episode „Was haben PpSG und TSVG mit Pflegeberatung zu tun?“ habe ich schon dazu geschrieben und erzählt.
Den Live-Videobeitrag und die Präsentations-Charts findest Du auf der Kongressseite. Das Video ist etwas über eine Stunde lang und ich bekomme noch im nachhinein sehr positive Rückmeldungen dazu. Es lohnt sich also, dort hineinzuschauen. Die Login-Daten findest Du in den Shownotes und unter dem Podcast-Player. Wenn Du nur das Video schauen möchtest, kannst Du auch diesen schnellen Link nutzen: TDP-Beratungsbesuche 37.3
Für meinen Vortrag zum Kongress Tag der Pflegeberatung hatte ich eine kleine Umfrage gestartet und gefragt: Was soll ein 37.3 Beratungsbesuch inkl. Wegepauschale kosten?
Ergebnis: fast 70% sprachen sich für eine Betrag um die 80 Euro aus. Die Teilnehmenden des Kongresses fanden ebenfalls, das sei gerechtfertigt. So recht daran glauben konnten wir das nicht und schoben das Ergebnis in die Ecke: Wenn Wunder wahr werden würden!
Und was soll ich sagen? Letzte Woche bekam ich die Information, dass in NRW wohl mit den Wohlfahrtsverbänden ein Punktwert verhandelt worden sei, der den Beratungsbesuch mit ca. 75 Euro bemisst. Großartig, oder?
Ich werde bei diesem Thema weiter am Ball bleiben.
Seite 3 | Pflegekurse nach § 45 SGB XI: 7 hilfreiche Tipps für die optimale Vorbereitung und Durchführung
Pflegekurse nach § 45. SGB XI:
7 hilfreiche Tipps für die optimale Vorbereitung und Durchführung
Hilke Specht, selbständige Pflegebaraterin, ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, hat Gesundheits- und Sozialmanagement studiert und mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen.
Obwohl die Beratung für Angehörige ein so wichtiges Thema ist, habe ich den Eindruck, dass
- PflegeKURSE in den meisten ambulanten Pflegediensten eher ein Schattendasein führen.
- Die Abrechnung mit den unterschiedlichen Kassen sehr aufwändig ist.
- Es eine unglaubliche Hürde darstellt, einem Rahmenvertrag eines Verbandes beizutreten und
- sich der Fokus mehr in Richtung individuelle Beratung in der Häuslichkeit verlagert.
Darum war ich sehr auf Hilkes 7 Tipps speziell zu Pflegekursen gespannt. Zu den Themen:
- Öffentlichkeitsarbeit
- Professionalisierung
- Zielgruppe
- Zeiten und Dauer
- Themen und Inhalte
- Gestaltung des Kurses (Didaktik) und
- Nachsorge
gab Hilke Specht viel mehr als 7 Tipps. Das Anschauen ihres Videos lohnt sich auf jeden Fall.
Besonders beeindruckt haben mich folgende Informationen:
- Die Initiative Demenz-Partner versendet Urkunden über die Teilnahme an die Anwesenden. Für die Pflegepersonen ist das eine aufwertende Geste und für Hilke eine Zeitersparnis.
- Die Kurse finden in den Räumen von Hilfsmittelanbietern oder ambulanten Pflegediensten statt, mit denen Hilke kooperiert. Das hat den Vorteil, dass Angehörige Rollstühle, Rollatoren oder einen Treppenlift einmal ausprobieren können. Sie bietet Angehörigen an, sich einmal in einen Treppenlift zu setzten um zu spüren, warum das für viele Pflegebedürftige ein komisches Gefühl ist. Pflegebetten stehen auch meistens zur Verfügung, sodass rückenschonende Handgriffe auch in der Praxis geübt werden können.
- Hilke ist dem Rahmenvertrag der BARMER-Versicherung über ihren Verband (DBFK) beigetreten. Die BARMER übernimmt die Kosten für Flyer, Anzeigen und sogar die Raummiete.
- Als Hilke die Erfahrung machte, dass die Vorgaben zur den Schulungszeiten nicht zu den Bedürfnissen der Angehörigen passten, reichte sie ihre Konzepte ein, die dann auch genehmigt wurden. So gibt es bei Hilke Specht vier unterschiedliche Schulungsformate:
- Vier wöchentlich aufeinander folgende Termine (morgens und abends für unterschiedliche Zielgruppen)
- Wochenendkurs (Beginn Freitagnachmittag, Ende Samstagmittag)
- Kompaktkurs
- Einmalige Informationsveranstaltungen
- Sehr beeindruckend für mich war, welche didaktische Kompetenz Hilke an den Tag legt. Egal ob Stunden-, Halbtages oder Wochenendkurs. Immer baut sie Elemente ein, die dazu dienen, dass alle Teilnehmenden schnell Vertrauen zueinander fassen, auch über schwierige Pflegesituationen sprechen und eine tragfähige Gemeinschaft bilden können. Wenn dann weiterer Bedarf besteht, gibt es nach einem Kurs auch die individuelle Schulung in der Häuslichkeit.
Zu den Beratungen nach § 45 SGB XI in der Häuslichkeit habe ich aus einer gut informierten Quelle die Information bekommen, dass die Rahmenverträge verändert werden sollen. Die Verhandlungspartner der Kassen sollen gemeint haben, dass es ja selbstverständlich sei, dass sich nach einem 37.3 Beratungsbesuch eine individuelle Beratung in der Häuslichkeit anschließen müsse, wenn die Situation danach verlangt.
Über diese Info habe ich mich sehr gefreut, denn das entspricht genau meiner Vision einer lebensbegleitenden Beratung, wie ich sie im Modul 1 meines Online-Kurses: BeratungsPROZESS: Glückliche Pflegekunden – Wirtschaftlicher Erfolg beschrieben habe. Und es bestätigt die Vorgehensweise eines Pflegedienstes, den ich ebenfalls im Kurs vorstelle, der dieses Prinzip der begleitenden Beratung schon seit mindestens 2011 praktiziert.
Zusammenfassung Teil 1
- Die strukturierte Gesprächsführung, ist eine Schlüsselkomponente für die Beziehungs- und die Lösungsqualität.
- Für Familien mit pflegebedürftigen Kindern ist es ganz wichtig, den pflegenden Angehörigen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken.
- Für den ambulanten Pflegedienst ist es wichtig, einen Beratungsprozess zu implementieren und die Beratungskompetenz hinsichtlich strukturierter Gesprächsführung auf Augenhöhe zu erhöhen.
- Pflegekurse, die die Bedürfnisse der Pflegepersonen in den Mittelpunkt stellen, müssen gut vorbereitet und didaktisch anspruchsvoll sein.
Wenn Du gerne etwas zurückgeben möchtest, für die vielen Informationen, die Du zum Thema Pflegeberatung bekommst, dann spende doch einfach einen Betrag Deiner Wahl. Alle Spenden werde ich an den Verein „Tag der Pflegeberatung“ von Hendrik Dohmeyer weiterleiten.
Im zweiten Teil geht es um folgende Themen:
- Die 24-Stunden-Pflege – Legal, illegal, Moral? Wie geht die Pflegeberatung damit um?
- Das Entlastungsbudget kommt frühestens 2020. Was kann die Kampagne "P17" im kommenden Jahr bewirken?
- Reform der Pflegeberatung nach § 7a: Ausbildung und Praxis - Was ist wirklich neu, was bringt mehr Qualität?
- Digitale Pflegeberatung 4.0: Digitale Hilfen zur Unterstützung und Organisation des Beratungsprozesses.
- „VIDEO KILLED THE RADIO STAR“ – Digitale Pflegeberatung 4.0: Sind Online-Angebote die Totengräber der klassischen Pflegeberatung?
- Die Relevanz guter Pflegeberatung wächst – wie unterstützen die Berufsverbände?