Warum Pflegebedürftige lieber Pflegegeld wählen

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3 psychologische Gründe

Wählen Pflegebedürftige lieber Pflegegeld, weil sie dem Enkel das Studium finanzieren oder die eigene Existenz sichern wollen? Beides gehört nicht zu den Gründen, von denen ich erzähle. Lass Dich überraschen!!! 

3 psychologische Gründe, warum Pflegebedürftige sich lieber für Geldleistung entscheiden

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Bonus-Infos zu dieser Episode:

Ab Minute 15:24 hörst Du das Thema, warum sich viele Pflegebedürftige für Pflegegeld entscheiden. Ich habe einen Kapitelmarker gesetzt, damit die Podcastfolge sofort an der richtigen Stelle beginnt!

 

Erschreckende Zahlen

Das Bundesgesundheitsministerium / BMG veröffentlichte im Mai 2018 folgende Zahlen:

  1. Nur 9% aller Pflegebedürftigen werden ausschließlich von einem ambulanten Pflegedienst begleitet.
  2. 20% wählten Kombinationsleistung.
  3. 71% entschieden sich für das Pflegegeld in voller Höhe.

 

Das sind erschreckende Zahlen. Warum ist der Anteil derer, die sich von einem ambulanten Pflegedienst begleiten lassen nicht höher?

Meine Antwort: 

Die Wenigsten wissen, welche Ansprüche sie haben.
Die Meisten verstehen nicht, welche Vorteile sie durch einen ambulanten Pflegedienst haben könnten.

 

Die gemeinnützige Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege/ZQP hat herausgefunden, dass 60% der Bevölkerung nicht wissen, dass sie einen gesetzlichen Anspruch auf Pflegeberatung haben.

 

Wir verlassen jetzt einmal unseren Standpunkt aus Sicht des Pflegedienstes und versetzen uns in die Situation der Pflegebedürftigen. Wir begeben uns auf seine Insel und tauchen ab in seine Lebenswirklichkeit.

 

Plötzlich pflegebedürftig

In der Regel hat sich die jetzt pflegebedürftige Person bis vor einigen Monaten noch im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Kräfte gefühlt. Aus deren Sicht!

 

Meistens ist ein einschneidendes Ereignis eingetreten.

In dieser psychisch und physisch schwachen Situation kommt dann die Begutachtung durch den MDK. Unabhängig davon, dass ab 2017 die Einschränkung der Fähigkeiten und der Selbstständigkeit bewertet wird, handelt es sich für die pflegebedürftige Person gefühlt um ein Prüfverfahren. Und das haben wir alle schon im gesunden Zustand nicht so gerne. Nicht von ungefähr kommt es häufig zu Situationen, in denen die pflegebedürftige Person, trotz guten Zuredens, dann noch einmal wirklich allen zeigen will, was sie noch kann. Psychologisch absolut nachvollziehbar!

 

Ein Dilemma:
schwach und krank bescheinigt zu bekommen und stark und gesund sein wollen.

 

Mit der Bewilligung des Pflegegrades ist dann schwarz auf weiß bestätigt: pflegebedürftig. Das gehört erst einmal weggesteckt.

 

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Trotzdem es Gründe gab, Pflegebedürftigkeit feststellen zu lassen, besteht bei Personen mit Pfleggrad 1 – 3 der dringende Wunsch, dass es wieder besser wird. Lange wird in dem Glauben gelebt, dass die jetzt empfundene Schwäche oder Krankheit eine vorübergehende Phase ist. Oft ist der Wille groß alles zu tun, damit es bald wieder so sein wird wie früher. Viele sind sehr erfinderisch darin, ihr Lebensumfeld umzugestalten, um nicht von anderen abhängig sein zu müssen. Nicht selten erlebst Du Haushalte, in denen sich der größte Teil des Lebens in einem einzigen Zimmer abspielt, weil die Beweglichkeit sehr eingeschränkt ist.

 

Gegenüber der Pflegekasse soll jetzt entschieden werden, ob Pflegegeld oder Sachleistung oder eine Kombination von beidem in Anspruch genommen werden möchte. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die 15 Seiten Papier durchaus nicht selbsterklärend sind.

 


Fazit

Nach einem einschneidenden Erlebnis und dem MDK-Besuch steht jetzt die Frage im Raum, wie das Leben Zuhause möglichst selbstständig bewerkstelligt werden kann.

 

  

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Drei Gründe, warum die Unterstützung durch einen Pflegedienst abgelehnt wird

Das Thema Pflegedienst wird meistens von Angehörigen an Pflegebedürftige herangetragen und von diesen oft mit großem Widerstand behandelt.

Noch immer entscheiden sich 2/3 aller Pflegebedürftigen für den Erhalt von Pflegegeld. Der Wunsch, mehr Geld zur Verfügung zu haben steht in vielen Fällen NICHT im Vordergrund. Vielmehr sind es drei Gründe, die zu dieser Entscheidung führen:

  1. Unabhängig bleiben wollen
  2. Wenig Wissen über ihre Ansprüche
  3. Schlechtes Image von Pflegediensten

 

Unabhängig bleiben wollen

Ein großes Bedürfnis von Menschen, die jahrzehntelang ihre Frau und ihren Mann im Leben gestanden haben, ist, ihr selbstständiges und selbstbestimmtes Leben so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Viele nehmen schon wahr, dass die Organisation des täglichen Lebens immer mühsamer zu bewerkstelligen ist und spüren auch mehr oder weniger bewusst, dass womöglich das Ende ihres Lebens nicht mehr weit ist. Die wenigsten wollen sich aber mit diesen Themen auseinandersetzen. Selbst entscheiden können, sich nicht pflegebedürftig fühlen, keine fremden Menschen im Haus haben wollen sind die vordringlichen Wünsche.

 

Was Du tun kannst:

Vermeide bei Pflegebedürftigen mit den Pflegegraden 1 - 3 die Wörter "Pflegen, Betreuen und Versorgen"! Gewöhne Dir an, von "Unterstützung und Begleitung" zu sprechen!

 

Wenig Wissen über ihre Ansprüche

Viele wissen und verstehen nicht, welche Möglichkeiten sie haben. Ein Fachfremder kann sich alleine in dem komplexen Feld der Pflege kaum orientieren. Die Pflegestudie der DKV Deutsche Krankenversicherung bestätigt, dass sich die große Mehrheit zu Pflegethemen nur mittelmäßig bis gar nicht informiert fühlt. Wenn 60% der Bevölkerung nicht wissen, dass sie Anspruch auf eine kostenfreie Pflegeberatung haben, müssen wir uns auch nicht wundern, dass der Wissensstand bei Pflegebedürftigen und deren Angehörigen eher gering ist.

Bei Gesprächen mit Pflegediensten fühlen sich dementsprechend auch viele Menschen komplett überfordert und lehnen Angebote lieber ab. 

Was Du tun kannst:

Arbeite mit dem sprachlichen Tool "Positive Wunschformulierung"! Das kann sich so anhören:

"Ich kann mir vorstellen, dass Sie genau wissen wollen, welche Ansprüche Sie an Ihre Pflegekasse haben, damit Sie so lange, so sicher und so selbstständig wie möglich weiter Ihr Zuhause genießen können, stimmt das?"

 

 

Mein Tipp! 

Das sprachliche Tool "Positive Wunschvorstellung" habe ich in dieser Folge "Den Widerstand im Vertrags- und Beratungsgespräch Pflege verringern" noch einmal ausführlicher beleuchtet und Du hörst praktische Formulierungen. Das Tool kannst Du in Gesprächen mit Pflegebedürftigen und deren Angehörigen sehr gut anwenden! 

 

 

Schlechtes Image von Pflegediensten

Die Medien zeigen von Pflegediensten überwiegend das Bild der überforderten, schlecht bezahlten und immer unter Zeitdruck stehenden Menschen. Der Anreiz, sich mit Pflegediensten zu befassen, ist also denkbar gering.

 

Was Du tun kannst:

Überlege Dir Antworten auf Befürchtungen, die Deine Gesprächspartner*innen haben könnten:

Auch dazu kannst Du die Sprachformel "Positive Wunschvorstellung" nutzen. 

 


Fazit

Mehr Geld aufs Konto zu bekommen, das gefällt bestimmt jedem von uns! So lange ein Pflegebedürftiger wenig über seine Ansprüche weiß und Angst davor hat, dass mit den Mitarbeitenden eines Pflegedienstes immer andere gestresste fremde Menschen ins Haus kommen, müssen wir uns nicht wundern, wenn mit dem Bezug von Pflegegeld die gefühlte und sehnlichst gewünschte Unabhängigkeit eingekauft wird!

  

 

Was kann Dein nächster Schritt sein?

In meinen Online-Kursen "Überzeugende Kundengespräche führen"

  1. als Selbstlernkurs, wenn Du Selbstzahler*in bist oder erst einmal eine Person aus Deinem Pflgedienst teilnehmen soll, 
  2. als Webinarkurs für ein Pflegeteam

erfährst Du, wie Du mit kleinen sprachlichen Werkzeugen, wie zum Beispiel der "Positiven Wunschvorstellung" den Widerstand in großes Interesse umwandeln kannst und die Quote der Inanspruchnahme (Ausschöpfungsquote) von Pflegesachleistungen steigern!

 

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Schau doch einmal vorbei! 

Liebe Grüße an Dich von Claudia, Claudia Henrichs

 

Action Step 

Überlege Dir Antworten auf die Befürchtungen, die Pflegebedürftige haben könnten. Ein Tipp: Beginne jeden Satz mit. "Sie können sich darauf verlassen, dass ...!"