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5. Deutungen klären – Ursachen finden
Indem Du Fragen stellst, die Antworten der Pflegekraft spiegelst, Schlüsselbegriffe erkundend hinterfragst, klärt Ihr gemeinsam, ob Deine Deutung richtig war oder ob es andere Gründe für zu bemängelnde Verhalten gibt. Sprich aus, dass Du Verständnis für die Gründe hast.
Wenn Du die Sicht Deines Gegenübers einnimmst, Dich in seine Schuhe stellst, lässt sich fast jeder Grund nachvollziehen!
Beispiel:
„Ich verstehe sehr gut, dass es Ihnen unangenehm ist, Ihre Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass die zusätzliche Leistung auch vertraglich festgehalten werden muss und gegebenenfalls ein Eigenanteil notwendig ist.“
6. Auswirkungen
Beschreibe die Auswirkungen, die das Verhalten Deiner Pflegekraft hat. Es geht um die Einordnung in die gesamte Organisation. Nimm den Blick weg von dem subjektiven kleinen Kreis „Du und ich“ und lenke ihn auf das Gesamtsystem. Beschreibe die Auswirkungen auf :
- die Pflegekunden
- den Pflegedienst
- den Träger
- das Team
- die Arbeitsabläufe
Hier hast Du die Möglichkeit Sinn zu stiften, den Horizont zu erweitern, den Blick weg vom eigenen Bauchnabel zu ermöglichen. Oft kommt an dieser Stelle, die Aussage von Deiner Mitarbeitenden: „Das habe ich so gar nicht bedacht!“ .
In dieser Gesprächsphase wird deutlich, dass es nicht darum geht, ob Ihr Euch sympathisch seid oder die Kritik lediglich eine subjektive Marotte von Dir ist. Mit diesem Vorgehen machst Du Dich –auch sprachlich- zur Vertreterin Deines gesamten Verantwortungsbereiches.
Beispiel:
„Die Gefahr ist, wenn Sie das einmal machen, wird es als Selbstverständlichkeit aufgefasst und Sie werden immer öfter gefragt und Sie kommen zu spät zum nächsten Patienten. Wenn jemand anderes Ihre Tour fährt und die zusätzliche Leistung ablehnt, wirkt das negativ. Möglicherweise werden Sie gegeneinander ausgespielt nach dem Motto „Gute Schwester – Böse Schwester“ und im Team kommt es zu Spannungen oder Rechtfertigungen. Darüber hinaus hat Ihr Verhalten negative Auswirkungen auf unser wirtschaftliches Ergebnis.“
7. Wunsch, Appell für künftiges Verhalten
Sage in dieser Gesprächsphase deutlich und ganz konkret wie Du Dir das künftige Wunsch-Verhalten vorstellst. Wenn es das erste Mal ist, dass Ihr zu diesem Thema miteinander sprecht, dann formuliere einen Wunsch
„Ich wünsche mir, dass Du ....“.
Wenn es ein dringend zu veränderndes Verhalten ist, welches sogar die weitere Zusammenarbeit gefährdet, dann formuliere das Wunsch-verhalten als Erwartung.
„Ich erwarte, dass Du ...“
An dieser Stelle –und nicht in Stufe 6 Auswirkungen- nenn bitte auch die Konsequenzen, für den Fall, dass sich das Verhalten nicht ändert.
Beispiel:
"Ich wünsche mir, dass Du in solchen Situationen freundlich aber bestimmt ungefähr folgendes sagst. „Das mache ich gerne einmalig für Sie! Wenn Sie sich darauf verlassen wollen, dass jeder von uns diese Leistung bei jedem Besuch erbringt, sage ich gerne meiner Pflegedienstleitung Bescheid, damit diese Leistung in den Vertrag aufgenommen werden kann!“
8. Offene Frage
Ja, wenn Du jetzt denkst, dass dies ein unendlich langer Monolog ist, dann entspann Dich. Diese zehn Schritte der eines konstruktiven Kritikgespräches sollen Dir einen roten Faden für die Vorbereitung und die Durchführung des Gesprächs geben.
Offene, erkundende Fragen sind zwischendurch ein wunderbares Mittel
- um Augenhöhe herzustellen,
- um einen Dialog zu führen und
- um deutlich zu machen, dass Du an einer guten Lösung interessiert bist.
Nachdem Du Deinen Wunsch oder Appell für künftiges Verhalten geäußert hast, bieten sich folgende Fragen für eine gemeinsame Lösungsfindung an:
* Wie siehst Du das?
* Was ist für Dich die ideale Lösung?
* Was schlägst DU vor?
* Was brauchst Du um dahin zu kommen?
* Welceh Unterstützung wünschst Du Dir von mir?
9. Klare Verabredung
Fasse zum Schluss noch einmal zusammen,
- worauf Ihr Euch geeinigt habt,
- was genau die nächsten Schritte sind und
- wann und in welcher Form Ihr Euch wieder zu diesem Thema sprchet.
Beispiel:
„Gut, dann halten wir also fest, dass Du genau schaust, bei welchen Patienten Du mehr machst als vertraglich vereinbart. Du überlegst Dir vor dem Besuch, was Du sagst, und schaust noch einmal in die Unterlagen vom letzten Workshop. Dann probierst Du es aus. Wenn es Dir schwer fällt, dann setzt Du Dich eine Stunde mit Karen zusammen und Ihr übt einmal die Formulierungen. Auf der nächsten Dienstbesprechung erzählst Du uns allen, wie es Dir ergangen ist. Ich glaube, das hilft auch den Kolleg/innen, die nicht am Workshop teilnehmen konnten.“
10. Danke – Zukunft - Zuversicht
Beende das Gespräch mit einem Dank an Deine Pflegekraft und drücke Deine Freude darüber aus, dass Ihr miteinander in dieser Form habt sprechen können und dass Sie ein gutes Ergebnis gemeinsam erzielt worden ist.
Ganz wichtig: Mache deutlich, dass Du zuversichtlich bist, dass es gelingt.
Ich bin davon überzeugt, dass sich die Zeit für die Vorbereitung eines konstruktiven Kritikgespräches auszahlt. Auszahlt in Mitarbeiter*innen, die zu den 15% gehören, die sich hoch engagiert für die Ziele Eures Pflegedienstes einsetzen.
Viel Erfolg für Deine nächsten Kritikgespräche! Das wünscht Dir die Claudia