Was ist das Besondere an einer ICH-Botschaft?
Eine Ich-Botschaft lässt dem Gegenüber Raum, selbst zu entscheiden, ob sie*er meine Meinung teilt. Darüber hinaus bleibt durch eine Ich-Botschaft die Möglichkeit offen, dass andere - auch meine Gesprächpartnerin - die Verhaltensweise ganz anders empfinden als ich.
Gerade wenn es darum geht, einer anderen Person eine Rückmeldung zu geben, ist es wichtig, das Feedback als subjektive Meinung zu formulieren.
Es ist ein Unterschied ob ich sage: „Du bist nervös!“,
oder ob ich sage: „Auf mich wirkst Du nervös!“
Eine Du-Botschaft im Sinne von „Du bist ..“ fällt ein generelles allgemeingültiges Urteil über meinen Gesprächspartner.
Was ist der Vorteil, wenn eine konkrete Situation beschrieben wird?
Wenn eine konkrete Situation beschrieben wird, kann Deine Mitarbeiterin viel mehr mit Deiner Aussage anfangen. Sie weiß, welches Verhalten, von Dir positiv oder auch negativ bewertet wird.
Häufig wird Anerkennung (oder auch Wertschätzung) mit Lob gleichgesetzt.
Beispiele für Lob:
- "Das hast Du gut gemacht!"
- "Du bist toll, fleißig, freundlich etc."
- "Du bist meine Beste!"
- "Super, prima, klasse, spitze etc."
Loben beinhaltet die hierarchische Ungleichheit, die die Führungskraft ermächtigt, der tiefer gestellten Mitarbeiterin Lob zuteil werden zu lassen. Derjenige, der in der Hierarchie übergeordnet ist, entscheidet, was richtig und lobenswert ist. Lob, ohne eine konkrete Situation zu benennen, findet also nicht auf gleicher Augenhöhe statt!
Hinter einem Lob wird oft ein Manipulationszweck vermutet. Zuerst Zucketbrot und dann die Peitsche oder eine Bitte, die man nicht abschlagen kann, weil man ja vorher gelobt worden ist.
- "Du bist doch meine Beste! Könntest Du am Wochenende bitte für Petra einspringen!?
- Du machst die Beratungsgespräche ganz toll! Wenn Du jetzt nich mit 15 Minuten auskommen würdest, wäre das noch schöner!"
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Wann passt Anerkennung zum Pflege-Mitarbeiter?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten.
Grundsätzlich kann man sagen, dass, wenn Du
- Routineaufgaben hervorhebst,
- Aufgaben ansprichst, die immer schon genau so erledigt werden oder
- die zum normalen Praxis-Alltag gehören,
dann wird sich die angesprochene Person eher irritiert wundern.
Wenn es zum Beispiel für eine Pflegekraft selbstverständlich ist, gewissenhaft zu arbeiten, wird sie Deine Worte nur dann als Anerkennung aufnehmen, wenn Du herausstellst, dass diese Eigenschaft eben besonders wichtig für das Team oder den Arbeitsablauf ist.
Warum soll sich Anerkennung auf ein gemeinsames Ziel beziehen?
Oft beschränkt sich Anerkennung auf die persönlich individuellen Vorstellungen der jeweiligen Führungskraft. Das führt zu einer hohen Konzentration der Pflegekräfte auf die Führung.
Wenn das gemeinsame Ziel in die Anerkennung integriert wird, dann wird ein Stück Verantwortung für das Ganze übertragen und es wird vermieden, dass Sympathie oder Antipathie die größte Rolle bei der Wertschätzung sielt.
Gemeinsame Ziele können sein:
- die reibungslose Zusammenarbeit im Pflegeteam
- die Kooperation mit anderen Diensten
- die qualitätsreiche Arbeit am Kunden
- die Arbeitsabläufe
- die Kundenbeziehung
- die Zielerreichung
- die wirtschaftlichen Zahlen des Pflegedienstes
Wann und wie oft ist Anerkennung angemessen?
Die kurze Antwort lautet: Anerkennung so oft wie möglich!
Am besten, Du machst es Dir zur Gewohnheit jeden Tag die Aufmerksamkeit auf die Fragen zu richten:
„Was läuft heute gut?“ oder:
„Was gefällt mir heute besonders gut?“
Wenn Dir auf diese Fragen Beispiele einfallen oder auffallen, dann sagst Du es den betreffenden Mitarbeitenden ganz spontan.
Wenn Du jede Dienstbesprechung mit dem Tagesordnungspunkt „Was uns gut gelungen ist“ beginnst, hat das eine sehr positive Wirkung auf das komplette Meeting.
Scheue nicht davor zurück, Einzelnen in einer Teambesprechung Anerkennung auszusprechen. Der Vorteil ist, dass Du damit deutlich machst, welches Verhalten Du zieldienlich findest. Damit gibst Du allen im Pflegeteam Orientierung. Achte dabei darauf, dass im Laufe der Zeit unterschiedliche Personen in den Genuss kommen und die oben genannten vier Kriterien erfüllt sind.
Das Anerkennung im jährlichen Mitarbeitergespräch auf jeden Fall Bestandteil sein muss ist selbstverständlich. Wenn Du Dir die drei oben beschriebenen Fragen zum täglichen Ritual machst, hat das sogar den Vorteil, dass Du in Zukunft mehr und konkretere Beispiele anführen kannst.
Woher weißt Du, ob Deine Anerkennung ankommt?
Das ist oft eine Frage nach dem Selbst- und den Fremdbild. Da wir uns ja nicht selbst beobachten können, glauben wir oft, dass wir bestimmte Dinge tun und diese dann auch so wirken, wie von uns beabsichtigt.
In der Gallup Studie sagen 60% der Führungskräfte, dass sie sich in Gesprächen mit Mitarbeitern auf Stärken und Schwächen gleichermaßen konzentrieren.
Dagegen sagen fast 40% der befragten Mitarbeiter, dass sie in den vergangenen drei Monaten kein gehaltvolles Gespräch über ihre Stärken hatten.
Wenn diese Diskrepanz stimmt, stellt sich die Frage, woran das liegt. Partielle Amnesie der Mitarbeiter? Die Mitarbeiter haben ihre Führungskräfte nicht verstanden? Die Führungskräfte haben ihre Botschaft nicht verständlich vermittelt? Was glaubst Du?
Herausfinden kannst Du das, wenn Du ins Gespräch gehst!
Diesen Satz hat Alister McGrath, Professor für Theologie am King´s College London in einem Fachartikel geschrieben.
Ich finde diesen Satz sehr passend für ambulante Pflegedienste. Denn Deine Pflegekräfte sind der größte Wert Eures Pflegedienstes. Nicht nur wegen der Personalkosten, sondern auch und gerade weil sich der Erfolg Eures ambulanten Pflegedienstes aus dem Kontakt zwischen Deinen Mitarbeitenden und Euren Pflegekunden ergibt.
Was ist denn die „andere“ Art der Zusammenarbeit im Zusammenhang mit dem Aussprechen von Anerkennung?
Ich bin davon überzeugt, wenn Du Dir bewusst machst, welche Stärken der*die Einzelne im Team hat und dieses auch aussprichst - vielleicht sogar häufiger als vorher - dann seid ihr jetzt schon anders.
Bis dahin! Machen Dir Deine Praxis leichter. Das wünscht Dir die
Claudia, Claudia Henrichs.